Geschichte
Die Besiedlung von Königsmoor
Ausgangssituation
Am Anfang von Königsmoor standen der Aufbau der Moorversuchswirtschaft (MVW) durch die Moorversuchsstation (MVSt) in Bremen und der Bau des Bahnhofs. Die Kultivierungsarbeiten wurden von Strafgefangenen aus dem Zuchthaus Celle geleistet: Entwässerung mit Dränung, Wegebau und Anlegen neuer Wege sowie die Kultivierung mit Fruchtbarmachung der Flächen.
Diese Arbeiten waren für den Bereich westlich der Bahn und nördlich der Baurat-Wiese-Straße bis 1914 weitestgehend abgeschlossen.
Die Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg hatten an diesen Arbeiten nur einen kleinen Anteil. Von den ca. 300 ha drainierter Flächen waren etwa 150 ha kultiviert. Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Jahre 1916, 1917 und 1918 hatten deutlich gezeigt, dass ein Auskommen wegen der besonders hohen Kunstdüngerpreise nicht kurzfristig erreichbar war. Zur Anwerbung besser betuchter Siedler wurden Anzeigen im Hamburger Fremdenblatt, in den Bremer Nachrichten und im Hannoverschen Anzeiger eingereicht. Es haben sich fast keine Käufer mit reichlichem Geld gemeldet.
Verkauf der Kolonate
Vom Kulturamt Stade wurde der Verkauf der Kolonate durch den Kulturrat Herrn Specht vorgenommen. Der Preis für ein Kolonat ohne Gebäude war auf 1000 M/ha festgesetzt (Chronik Königsmoor). Der Landverkauf sollte nach dem Rentengutverfahren erfolgen:
- Anzahlung von ¼ des Kaupreises
- Restzahlung als 4 %-ige Rente mit ½ %-igem Abtrag
- Wiederkaufsrecht bei vertragswidrigem Verhalten
Jährlich wurde im Frühjahr und Herbst eine offizielle Besichtigung der Kolonate mit dem Moorvogt durchgeführt. Dabei wurden gegebenenfalls Ratschläge erteilt, Hilfen angeboten oder sogar auf Ausweitung der Bearbeitung eines Kolonates gedrängt.
Die Liste der Käufer ist umfangreich. Bei manchen war schnell ein Nachfolger vorhanden. Auch die Berufe der Käufer waren sehr verschieden. Da konnte bei einigen nicht unbedingt erwartet werden, dass sie einen landwirtschaftlichen Betrieb wirtschaftlich führen können. Einige Betriebe waren merklich größer als andere: Josephsons, Hueter, Lüders und besonders Lehr. Mit diesen Rentengütern waren 627,3526 ha von 794,8596 ha vergeben. Aus dem Archiv am Kiekeberg/Hamburg konnten viele Daten zu Baugenehmigungen ermittelt werden. Das Besiedlungsverfahren näherte sich dem Ende. Es blieben noch etliche Informationen unberücksichtigt. Es sollten zum Beispiel etliche Kolonate für deutsch-russische Rückwanderer reserviert bleiben.
Die frühen Siedler
Für die ersten Kolonatsbesitzer von Königsmoor war es eine sehr schwierige Zeit. Die Frühjahrs- und Herbstbegehungen machten die vielen kleinen und großen Probleme und die karge wirtschaftliche Situation besonders deutlich. Es gibt genauer Berichte zu den Besichtigungen der Rentengüter im Staatsarchiv Hannover, meist in alter deutscher Handschrift festgehalten. Beispielhaft sollen hier nur einige Fakten aufgeführt werden. Die Arbeit der Kolonisation wurde bis April 1925 von Strafgefangenen ausgeführt. Dafür mussten Kolonatsbesitzer etwas bezahlen. Am 16. April 1924 wurden 2 km Feldbahngleise, 15 Kippwagen und 2 Pferde nach Fredenbeck verlagert. Das Futter wurde ebenfalls in Königsmoor gekauft und mitgeliefert. Das Landeskulturamt Stade genehmigte am 23. Oktober 1924 Herrn Bressel, drei Morgen Land an den Nationalverband der Unteroffiziere in Bremen für ein Erholungsheim zu verkaufen.
Professor Tacke befürwortete diesen Verkauf am 1. Dezember 1924. Der Mittelweg soll nach Osten, durch das Lehr’sche Rentengut, verlängert werden. Dies wurde am 2. Dezember 1924 veranlasst. Die Bauanträge mit Zeichnung für Wohnhaus und Stallungen wurden vom Bürgermeister in Wistedt innerhalb von 4 Wochen genehmigt. Beim Kauf des Kolonats und beim Bau des Hauses gab es auch deshalb Schwierigkeiten, weil es in die Geldentwertung 1923 hineinging. Aus diesem und aus persönlichen Gründen kam es oft zum Wechsel der Besitzer.
Die Entwicklung von Königsmoor kann auch an der Einwohnerzahl und am Tierbestand abgelesen werden.
Einwohner im November 1925
Männlich | über 14 Jahre | 44 |
Weiblich | über 14 Jahre | 44 |
Schulkinder | männlich 6-14 Jahre | 6 |
Schulkinder | weiblich 6-14 Jahre | 7 |
Kinder männlich | unter 6 Jahre | 8 |
Kinder weiblich | unter 6 Jahre | 9 |
Gesamt | 115 |
Tierbestand Ende 1929
Pferde | 27 |
Kühe | 43 |
Staken | 13 |
Kälber | 16 |
Ziegen | 9 |
Schweine | 24 |
Sauen | 9 |
Ferkel | 35 |
Hühner | 828 |
Gänse | 93 |
Schafe | 137 |
Tierbestand Ende 1959
Pferde | 27 |
Rinder | 98 |
Ziegen | 9 |
Schweine | 81 |
Hühner | 2297 |
Gänse | 63 |
Schafe | 4 |
Enten | 243 |
Bienenstöcke | 10 |
Manche Rentengutbesitzer kamen mit der für alle sehr schwierigen örtlichen und wirtschaftlichen Situation leidlich zurecht, besonders dann, wenn sie noch über genügend finanzielle Reserven verfügten, aber viele Siedler hatten erhebliche, fast unlösbare Schwierigkeiten zu bewältigen. Die fast unvorstellbare Kraft und Ausdauer dieser frühen Siedler können wir in unserer heutigen Zeit nur mit Respekt und großer Bewunderung betrachten.
Die Gemeinde Königsmoor
Königsmoor war ein Teil der Gemeinde Wistedt, somit wurden viele Entscheidungen für Königsmoor in Wistedt getroffen. Königsmoorer Bürger waren ab September 1946 im Rat der Gemeinde Wistedt. Im August 1954 beschloss der Rat die als Königsmoor bekannte Fläche von 853.41.44 ha an eine neu zu bildende Gemeinde Königsmoor abzugeben. Am 4. Februar 1957 war die letzte Ratssitzung in Wistedt, an der Mitglieder aus Königsmoor teilnahmen.
Durch Niedersächsisches Landesgesetz wird am 1. April 1957 Königsmoor als 139. Gemeinde des Landkreises Harburg als „Gemeinde Königsmoor" neu gebildet.
Am 1. Juni 1957 beruft Theodor Harras als kommissarischer Bürgermeister die erste Ratssitzung der Gemeinde Königsmoor ein.
(Text Quelle: Königsmoor – Geschichte eines Dorfes aus dem Moor)